Spanische Weihnachtstraditionen, die man kennen sollte

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Je näher der Dezember rückt, desto öfter hört man: feliz Navidad oder Felices Fiestas. Frohe Weihnachten oder frohe Feiertage. Aber wenn ein Spanier von Navidad spricht, meint er nicht nur Weihnachten, sondern auch Silvester und Dreikönigstag.

Fast drei Wochen lang steht Spanien im Zeichen von Familie, Essen, Licht und Tradition. Von Lotterien bis zu Weintrauben und von Krippen bis zu Umzügen.

El Gordo – die Weihnachtslotterie
Am 22. Dezember hält ganz Spanien den Atem an, wenn die Ziehung von El Gordo, der berühmten Weihnachtslotterie, stattfindet. Diese Tradition besteht seit 1812 und hat sich zu einem nationalen Ritual entwickelt. Familien, Kollegen und Dorfgemeinschaften kaufen gemeinsam Lose in der Hoffnung, einen Teil des milliardenschweren Preispools zu gewinnen. Kinder des Colegio de San Ildefonso singen die Gewinnzahlen live im Fernsehen. Es ist ein geselliger und emotionaler Start in die Feiertage.

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Zambombas und Villancicos – Musik als Weihnachtsherz
In Andalusien beginnen die Feiertage mit Zambombas. Das sind informelle, musikalische Zusammenkünfte auf der Straße, in Innenhöfen oder in Bars. Nachbarn und Freunde kommen zusammen, um Weihnachtslieder (Villancicos) zu singen. Die Zambomba selbst, ein einfaches Schlaginstrument mit einem dumpfen, rhythmischen Klang, gibt dieser Tradition ihren Namen.

Die Atmosphäre ist warm und ungezwungen. Es wird gesungen, geklatscht und getanzt. Schüsseln mit Essen werden herumgereicht, Gläser werden nachgeschenkt. Mitmachen ist wichtiger als sauber singen. Gerade diese Spontaneität macht die Zambombas zu einer der beliebtesten Weihnachtstraditionen im Süden Spaniens.

Belenes – kunstvolle Weihnachtskrippen
Belenes, die spanischen Weihnachtskrippen, sind während der Navidad unverzichtbar. Sie tauchen überall auf: in Wohnzimmern, Kirchen, Schulen und auf Plätzen. Einige sind klein und schlicht. Andere sind wahre Kunstwerke mit kompletten Dorflandschaften, Bergen, Wasserflächen und beweglichen Figuren.

In Städten wie Madrid und Sevilla werden rutas de belenes organisiert. Besucher spazieren an den außergewöhnlichsten Weihnachtskrippen der Stadt vorbei. In Katalonien gehört dazu immer der caganer: eine kleine, hockende Figur, die ihr Geschäft verrichtet. Die Figur symbolisiert Fruchtbarkeit und Wohlstand, aber auch den typisch katalanischen Humor.

Weihnachtsbeleuchtung und Märkte – Städte im Festmodus
Ab Ende November verwandeln sich spanische Städte und Dörfer in wahre Lichterfeste. Straßen, Plätze und Einkaufsviertel sind in Weihnachtsbeleuchtung getaucht. Málaga zieht jedes Jahr Tausende von Besuchern mit den spektakulären Lichtshows in der Calle Larios an. Madrid überrascht mit kreativen Designs und kompletten Lichtrouten. Auch Alicante setzt Akzente mit üppiger Beleuchtung rund um die Explanada, die Rambla und den Rathausplatz.

Gleichzeitig öffnen überall Weihnachtsmärkte. An Ständen werden handwerkliche Produkte, Weihnachtsdekorationen und süße Leckereien verkauft. Der Duft von gerösteten Kastanien liegt in der Luft. Diese Märkte sind mehr als nur Orte zum Einkaufen. Sie sind Treffpunkte, an denen sich die Spanier versammeln und die Weihnachtszeit wirklich beginnt.

Papá Noel und Reyes Magos – neue und alte Weihnachtshelden
Obwohl Papá Noel unter dem Einfluss internationaler Traditionen an Boden gewinnt, bleiben die Reyes Magos (Drei Könige) die wichtigsten Geschenkeüberbringer in Spanien. Für viele Kinder dreht sich Weihnachten nicht um den 25. Dezember, sondern um den Dreikönigstag.

Am 5. Januar ziehen die drei Könige in farbenfrohen Umzügen, den cabalgatas, durch Städte und Dörfer. Von reich geschmückten Festwagen aus werfen sie Süßigkeiten in die Menge. Die Straßen sind voller Familien und Kinder warten gespannt. Am Abend oder am nächsten Morgen, dem 6. Januar, liegen die Geschenke bereit. Wochen zuvor haben viele Kinder bereits Briefe an ihren Lieblingskönig geschrieben, in denen sie ihre Wunschliste, liebe Worte oder Zeichnungen aufgeführt haben.

Nochebuena – Heiligabend mit Familienessen
Am 24. Dezember feiern die Spanier Nochebuena, den Heiligabend. Es ist einer der wichtigsten Familienmomente des Jahres. Die Familien kommen zu einem ausgiebigen Abendessen zusammen, das mehrere Stunden dauern kann. Auf den Tisch kommen Gerichte wie Lamm oder Truthahn, aber auch viel Meeresfrüchte und Fisch, je nach Region und Familientradition.

Nach dem Hauptgang folgt ein Tisch voller Süßigkeiten. Turrón, eine Art Nougat aus Mandeln und Honig, ist ebenso unverzichtbar wie Mazapán und Polvorones, mürbe Kekse, die fast auf der Zunge zergehen. Einige Familien feiern Weihnachten mit Geschenken, aber viele Familien heben sich diesen Moment für den Dreikönigstag auf. Der Abend dreht sich vor allem darum, zusammen zu sein, zu reden und Traditionen zu pflegen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.

La Misa del Gallo – Mitternachtsmesse
Nach dem Abendessen am Heiligabend besuchen viele Katholiken die Misa del Gallo, die Mitternachtsmesse zur Feier der Geburt Jesu. In Dörfern hat diese Messe oft einen intimen Charakter, mit Gesang, Kerzenlicht und Gesang lokaler Chöre. Die Kirche bildet den stillen Mittelpunkt der Nacht.

In großen Städten füllen sich die Kathedralen bis spät in die Nacht mit Besuchern. Auch Menschen, die normalerweise selten in die Kirche gehen, schließen sich an. Für Gläubige ist es ein religiöser Höhepunkt, für andere vor allem ein kulturelles Ritual, das untrennbar mit dem spanischen Weihnachtsfest verbunden ist.

Zwölf Trauben zum Jahreswechsel
An Silvester, Nochevieja, isst fast jeder Spanier zwölf Trauben zu den zwölf Glockenschlägen um Mitternacht. Es ist ein festes Ritual, mit dem das alte Jahr abgeschlossen wird. Die Tradition entstand um 1909 in Madrid als clevere Marketingaktion von Traubenbauern mit einem Ernteüberschuss. Inzwischen hat sie sich zu einem nationalen Brauch entwickelt.

Jede Traube symbolisiert einen Monat Glück im neuen Jahr. Es erfordert Timing und Konzentration, alle zwölf rechtzeitig zu essen. Die bekannteste Silvesterfeier findet an der Puerta del Sol in Madrid statt, wo sich Tausende von Menschen versammeln. Millionen andere schauen sich die Live-Fernsehübertragung an, Trauben in der Hand, bereit für einen Neuanfang.

Día de los Santos Inocentes – 28. Dezember
Am 28. Dezember feiern die Spanier den Día de los Santos Inocentes. Der Tag ist mit unserem 1. April vergleichbar und steht ganz im Zeichen von Scherzen und Täuschungen. Die Menschen verkleiden sich mit auffälligen Hüten oder Perücken und spielen ihren Freunden, Familienangehörigen oder Kollegen harmlose Streiche. Wer darauf hereinfällt, bekommt oft lachend „¡inocente, inocente!” zu hören. Auch das heimliche Anbringen einer Zeichnung oder einer Papierfigur auf dem Rücken einer Person gehört dazu.

Der Name des Tages bezieht sich auf die biblische Geschichte über den Kindermord in Bethlehem, angeordnet von König Herodes. Dieser tragische Ursprung ist weit entfernt von der heutigen Bedeutung. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Bedeutung verschoben und der Tag dreht sich vor allem um Humor, Relativierung und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen.

Roscón de Reyes – süßes Abschlussfest
Am 6. Januar, dem Dreikönigstag, dreht sich alles um den Roscón de Reyes. Dieser süße, runde Kuchen liegt schon Tage zuvor in den Auslagen der Bäckereien und markiert das Ende der Weihnachtszeit. Der roscón ist mit kandierten Früchten verziert, die die Edelsteine einer Krone symbolisieren, und wird oft mit Schlagsahne, Sahne oder Schokolade gefüllt.

Traditionell sind im Kuchen zwei Überraschungen versteckt: eine Bohne und eine kleine Figur. Wer die Bohne in seinem Stück findet, muss das nächste Mal den Roscón bezahlen. Wer die Figur findet, darf an diesem Tag die Papierkrone tragen und ist symbolisch König. Diese Krone wird in der Regel vom Bäcker mitgeliefert und gehört zur Tradition. Das Anschneiden des roscón sorgt jedes Jahr aufs Neue für Spannung am Tisch und bildet den festlichen Abschluss der spanischen Weihnachtszeit.

Spanische Weihnachtstraditionen: Familie und feste Rituale
Weihnachten in Spanien ist mehr als nur ein paar freie Tage um den 25. Dezember herum. Es ist eine lange Zeit, die tief in Tradition, Religion und Familienbändern verwurzelt ist. Von der Ziehung von El Gordo bis zum Dreikönigstag folgt ein Ritual auf das andere. Jeder Moment hat seine eigene Symbolik und Bedeutung.

Das spanische Weihnachtsfest ist intensiv und lebhaft, aber auch vertraut und wiedererkennbar. Von der Spannung rund um die Lotterie bis zum Anschneiden des Roscón de Reyes: Navidad ist eine Zeit mit jährlich wiederkehrenden Bräuchen und Traditionen, in der Familie, feste Momente und gemeinsame Erwartungen im Mittelpunkt stehen.

Quelle: Agenturen